Allgemein betrachtet, hat der Stadtrat in den letzen Jahren seine eigenen Rechte und Kompetenzen erheblich eingeschränkt. Nach der Änderung der Frequenz der Sitzungen durch den Stadtrat von einmal in der Woche – ausgenommen in den Schulferien – zu in der Regel alle zwei Wochen, ist die Geschäftslast derart angestiegen, dass ein Vorstoss rund zweieinhalb Jahre nach der Einreichung traktandiert wird. Diese lange Dauer führt natürlich dazu, dass kaum ein Vorstoss rechtzeitig behandelt werden kann.
Problematisch ist die Einstufung der Vorstösse als Richtlinie durch den Gemeinderat. Der Gemeinderat stuft damit einseitig den Vorstoss als nicht bindend ein, sollte er für erheblich erklärt werden. Der Gemeinderat hat dabei nach seiner Auffassung „einen relativ grossen Spielraum hinsichtlich des Grads der Zielerreichung, der einzusetzenden Mittel und der weiteren Modalitäten bei der Erfüllung des Auftrags. Zudem bleibt die Entscheidverantwortung bei ihm“. Mit anderen Worten: der Gemeinderat kann machen was er will und wie er es will. Fraglich ist dabei wie der Stadtrat seine Entscheid- und Aufsichtsfunktion gemäss Art. 40 der Gemeindeordnung der Stadt Bern noch wahrnehmen kann.
Ein weiteres Nadelöhr zur Wahrnehmung von parlamentarischen Rechte durch Stadtratsmitglieder ist die sogenannte Dringlichkeitserklärung. Das Büro des Stadtrates, zusammengesetzt aus dem Stadtratspräsidenten, drei weiteren Ratsmitgliedern, der Stadtratssekretärin und der Stadtschreiberin. Wieso die Stadtschreiberin im Büro mitwirken kann, entbehrt einer Erklärung.
Mit der Dringlicherkeitsklärung entscheidet das Büro, ob der Vorstoss zeitnah traktandiert wird oder nicht, d. h. darüber, ob der Stadtrat rechtzeitig, d.h. am vierten Sitzungstag nach der Dringlichkeitserklärung, über den Vorstoss befinden kann – oder ob er eben auf die lange Bank geschoben wird.
Damit noch nicht genug – der Stadtrat hat diesen Frühling unter dem Vorwand der Ratseffizienz auch noch entschieden, dass Anträge im Rat nicht mehr mündlich begründet werden können. Auch die Antworten auf Anfragen können nicht mehr mündlich im Rat kommentiert werden. Alles in allem ein Abbau der parlamentarischen Debatte im Zuge eines vorgeschobenen Effizienzanspruchs!
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